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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 192

1911 - Erfurt : Keyser
— 192 — 67. Proklamation1) des Königs Friedrich Wilhelm Iii. an die Bewohner Erfurts nach dem Frieden von Ciliif. „An die Bewohner der Provinzen und Gebiete: Altmark. . Erfurt usw. Ihr kennt, liebe Bewohner treuer Provinzen, Gebiete und Städte, meine Gesinnungen und die Begebenheiten des letzten Jahres. Meine Waffen erlagen dem Unglück, die Anstrengungen des letzten Restes meiner Armee waren vergeblich. Zurückgedrängt an die äußerste Grenze des Reiches, und nachdem mein mächtiger Bundesgenosse selbst zu Waffenstillstand und Frieden sich genötigt fühlt, blieb mir nichts übrig, als dem Lande Ruhe nach der Not des Kriegs zu wünschen. Der Friede mußte, so wie ihn die Umstände vorschrieben, abgeschlossen werden; er legt mir und meinem Hause, er legt dem Lande selbst die schmerzlichsten Opfer aus. Was Jahrhunderte und biedre Vorfahren, was Verträge, was Liebe und Vertrauen verbunden halten, mußte getrennt werden. Meine und der Meinigen Bemühungen waren vergeblich, fruchtlos! Das Schicksal gebietet. Der Vater scheidet von den Kindern! Ich entlasse Euch aller Untertanenpflichten gegen mich und mein Haus. Unsere heißesten Wünsche für Euer Wohl begleiten Euch zu Eurem neuen Landesherrn! Seid ihm, was ihr mir wäret. Euer Andenken kann kein Schicksal, keine Macht aus meinem und der Meinigen Herzen vertilgen. Memel, den 24sten Jul. 1807. Friedrich Wilhelm." 68. Der Erfurter Ffirffenkongrefj. a) Ankunft der Kaiser zur Fürltenverfammlung in Erfurt. Vorbereitungen zum Empfang Napoleons: Napoleon hatte Erfurt zu dem Orte erwählt, an dem er sich mit den Mächtigsten der Erde zu einer Besprechung vereinigen wollte. Darum trafen schon einige Wochen vor ibm seine Beauftragten in der Stadt ein, um alles für seinen Empfang und den seiner erlauch teu Gäste vorzubereiten. Marschall Ondinot, der als Gouverneur nach Erfurt gekommen war, ließ die ansehnlichsten Häuser der Stadt in Beschlag nehmen und an den Türen mit „Maison del’empereur“ bezeichnen. Auch die Bürger selbst trafen verfchiedentliche Vorbereitungen zum Empfange des Kaisers. So wurden drei Ehrenpforten an der Grenze des Erfurter Gebietes, bei Gamstädt, vor dem Brühlertor und auf dem Anger, errichtet, und eben sollte an sie die letzte Hand gelegt werden, als der kaiserliche Befehl kam, alle kostspieligen Veranstaltungen bei seinem Einzug zu unterlassen. Nun blieb den Bürgern nichts anderes übrig, als sie wieder l) Wurde am 30. September 1807 bekannt gemacht.

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 196

1911 - Erfurt : Keyser
- 196 - b) Vierzehn üage in slapoleons Diensten. Reise nach Erfurt: Es war im September des Jahres 1808. Erfurt feierte die glanzvollen Tage des Kongresses. Der Kaiser Napoleon hatte bereits seinen Einzug gehalten und entfaltete, umgeben von vielen gekrönten Häuptern, eine Pracht, welche die Berichte nicht großartig genug schildern konnten. Auch zu uns herüber drang der Ruf von dem außerordentlichen Glanze und dem geräuschvollen Leben, und die Gelegenheit, den großen Mann des Jahrhunderts zu sehen, war so günstig und einladend, daß diele Rudolstädter sich ausmachten, Zeuge des seltenen Schauspiels in der alten Thüringer Stadt zu sein. Da die fürstliche Kapelle gerade wenig Dienst hatte — der Fürst weilte selbst in Erfurt (Anger 37) — so wurde es auch mir nicht schwer, 8 Tage Urlaub zu erhalten. An einem herrlichen, tausrischen Morgen wanderte ich mit einigen Bekannten Heiter und wohlgemut über die Berge nach Erfurt. Besichtigung der Stadt: Mit gespannten Erwartungen langten wir nachmittags an unserem Ziele an, und in der Tat erkannte ich Erfurt kaum wieder, einen so festlichen Anstrich hatte die Stadt bekommen, ein so bewegtes Leben herrschte in ihr. Die Hauptstraßen, welche der Kaiser berührte, waren sogar fußhoch mit feinem Kies überstreut, weil der Allgebietende sich mißfällig über das schlechte Straßenpflaster geäußert hatte. Da an demselben Tage gerade große Auffahrt war, so blieb ich nicht bei meinen Brüdern im Quartier, sondern schlenderte durch die Straßen, harrend der Dinge, die ich sehen und hören würde. Ich sollte auch reich belohnt werden. Der prächtige Staatswagen Napoleons sauste an mir vorüber. Eine Abteilung Reiterei sprengte voraus und hinterher. Tausende von Augenpaaren waren aus den Mann gerichtet, von dem damals Europas Herrscher abhängig waren. In ähnlicher Begleitung fuhr der Kaiser von Rußland, der hohe Verbündete, um deswillen vornehmlich die Fürstenversammlung von Napoleon veranstaltet worden war. Die Könige von Sachsen, Württemberg und Westfalen, der Prinz von Preußen (Futterstraße 2 u. 3) und andere hohe Herrschaften mit mehr oder minder glänzendem Gefolge schlossen sich an. In kurzer Zeit hatte ich so eine ganze Galerie lebender Herrscher in vollem Glanze irdischer Macht und Herrlichkeit an meinem staunenden Auge vorüberfahren sehen. Ermüdet vom Schauen, aber höchst befriedigt von dem reichen Bilde, langte ich wieder in meinem Quartiere an, wo mich indessen eine sehr unangenehme Ueberraschung erwartete. Eintritt ins Kaiserliche Orchester: Eben war ein kaiser- licher Beauftragter bei meinem Bruder eingetreten und hatte ihm den Befehl gebracht, daß er während der Anwesenheit des Kaisers in dem Orchester des Theaters jeden Abend mitwirken müsse. Die

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 200

1911 - Erfurt : Keyser
— 200 — begonnene Ehrenbezeugung unterbleibt. Es war eben die Zeit von Deutschlands tiefster Erniedrigung. Wenig erbaut von seinen Erlebnissen auf dem Kongreß scheint auch der König Jerome von Westfalen gewesen zu sein, der schon nach sechstägigem Aufenthalte als erster Teilnehmer nach seiner Residenz Kassel zurückreiste. Schluß des Kongresses: Am 14. Oktober, an welchem Tage zwei Jahre früher der von Jena herüberklingende Kanonendonner die Gemüter der Erfurter mit bangen Atmungen erfüllt hatte, endete der Kongreß. Unter großer militärischer Pracht verließ zuerst Kaiser Alexander und dann Napoleon die Stadt. Am nächsten Morgen folgte ihnen der König von Sachsen, dem bei der Abreise militärische Ehren erwiesen wurden wie keinem anderen der anwesenden Könige. Rasch zerstreuten sich die übrigen Kongreßteilnehmer, so rasch, als die verfügbaren Beförderungsmittel es zuließen. Man muß dabei bedenken, daß allein zur Beförderung Napoleons und seines Gesolges, welches in 3 Abteilungen reiste, gegen 900 Postpserde erforderlich waren. Napoleon teilte vor seiner Abreise kostbare Geschenke aus und zeigte auch sonst seine gewohnte Freigebigkeit. So beschenkte er die Obermeister der Böttcherzunft, die am Tage vor seiner Abreise ihren künstlichen Reiftanz vor seiner Wohnung ausgeführt hatte, mit 100 Louisdor. Kaiser Alexander ließ jedem Offizier des französischen Gardebataillons einen Brillantring im Werte von 3000 Frank überreichen. Auch die übrigen Herrscher kargten nicht mit Ehrengeschenken. Bedeutung für Erfurt: Für den gesunkenen Wohlstand der Erfurter Bevölkerung war der Kongreß von günstiger Wirkung. Es floß eine Menge Geld in die Stadt, denn Handel und Wandel blühten. Von weither kamen Kaufleute, um aus dem Zusammenfluß so vieler vornehmer Personen Nutzen zu ziehen. Aus den Dörfern der Umgegend wurden große Mengen von Lebensmitteln in die Stadt gebracht und dort zu guten Preisen verkauft, so daß auch das platte Land seinen Vorteil hatte. Außerdem erließ Napoleon mehrere wohlwollende Verfügungen zu Gunsten Erfurts. Der Stadt überwies er 5000 Frank zur Bestreitung der Einquartierungskosten, 12 000 Frank für die Armen und der Universität eine jährliche Zuwendung von 4000 Fr. ferner verfügte er, daß die Stadt von der Verpflegung der durchmarschierenden und in ihr eingelagerten Truppen fortan befreit bleiben solle. Mit diesen wohlwollenden Verfügungen erging es aber so wie mit vielen anderen Anordnungen des Kaisers, da er sich um ihre Vollstreckung nicht kümmerte. Schon am 5. Dezember traf der Marschall Davoust, Herzog von Auerftädt, in der Stadt ein und schlug mit einem bedeutenden Gefolge für 3 Monate fein Hauptquartier in ihr auf. Damit

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 123

1911 - Erfurt : Keyser
Staates betroffen, da er von Sachsen bequem zu erreichen war. Das merkwürdigste Ereignis jener sieben Kriegsjahre war der Einzug des großen Königs in Erfurt und sein Aufenthalt in mehreren Dörfern des städtischen Gebietes (s. Nr. 58, 59, 60 u. 61). Dalbergsche Zeit: Nach dieser schlimmen Zeit (seit 1772) war der Statthalter v. Dalberg unserm Erfurt ein treuer Helfer und Berater. Er war besonders ein eifriger Förderer der Künste und Wissenschaften, so daß unter seiner Statthalterschaft sogar die Universität noch einmal für kurze Zeit aufzublühen begann. Hervorragende Männer, die Brüder Humboldt, Schiller und Goethe, weilten damals häufig als Gäste in Erfurt, das die großen Naturforscher Trommsdorff, Bernhardt und Bucholz zu den Seinen zählte. Heute noch gilt die Dalbergsche Zeit als eine für die Stadt reich gesegnete, obwohl gesagt sein muß, daß es auch Dalberg nicht gelungen ist, einen dauernden Aufschwung herbeizuführen (s. Nr. 62 u. 63). Damals umfaßte der erfurtifche Teil des Mainzer Gebietes das Fürstentum Erfurt mit 2 Städten (Erfurt und Sömmerda), drei Marktflecken, 72 Dörfern und 4 Schlössern und die Grafschaft Blankenhain (seit 1794) mit 1 Stadt, 1 Marktflecken, 19 Dörfern und 1 Schloß. Die Landesregierung befand sich in Mainz, während in Ersurt besondere Ortsbehörden errichtet waren. Das Erfurter Gebiet war in folgende neun Aemter geteilt: Vargnla, Azmannsdorf, Tonndorf, Vippach, Großsömmerda und die für den jetzigen Landkreis in Betracht kommenden Aemter Mühlberg, Gispersleben, Alach und endlich das Stadtamt. Die Grafschaft Blankenhain iuntergleichen) mit Wandersleben verwaltete ein Regierungsrat in Erfurt. Der Ortsvorstand der einzelnen Gemeinden bestand aus dem Oberheimbürgen und 5 bis 8 Ortsvormunden, welche durch Stimmenmehrheit von der Gemeinde in der Regel auf Lebenszeit gewühlt und vom Kurfürstlichen Amt bestätigt und vereidigt wurden. Der Oberheimbürge war der erste Vorgesetzte der Gemeinde. Erfurt wird preußisch: Werfen wir nun wieder einen Blick auf die geschichtlichen Ereignisse am Ausgang des 18. Jahrhunderts. In dem wegen der französischen Revolution aufbrechenden ersten Bundeskriege wurde der rheinische Teil des Mainzer Gebietes hart betroffen. Die Hauptstadt Mainz selbst wurde von den Franzosen erobert, und der Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Ehrthal, dem die Erfurter zum Gedächtnis seines Aufenthaltes in ihrer Stadt (1777) den Obelisken vor den Graden (Friedrich Wilhelmsplatz) errichtet hatten, sah sich zur Flucht nach hier gezwungen. Auch viele französische Flüchtlinge fanden in Erfurt ein sicheres Unterkommen (f. Französische Emigranten in Ersurt, Nr. 64). Der dem zweiten Bundeskriege folgende Friede von Lüneville (1801) bestätigte die schon im Frieden von Eampoformio (1797) beschlossene Abtretung des linken Rheinusers. Er gab den Welt-

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 126

1911 - Erfurt : Keyser
— 126 — bei der schwachen Besatzung für geratener, die Verteidigung aus den Petersberg zu beschränken. Doch wurde der Domhügel zur Festung gezogen und mit Schanzpfählen umgeben. Die beiden herrlichen Kirchen benutzte man zu Pferdeställen und fügte ihnen dadurch im Innern großen Schaden zu. — In dieser Zeit kam König Friedrich Wilhelm Iii. mit den Königlichen Prinzen auf seiner Reise zur Armee nach Frankreich durch Möbisburg und wohnte im Heinernannschen Hause. Die Uebergabe der Stadt selbst sand am 6. Januar 1814 statt; die Zitadellen mit Einschluß des Domhügels und des Brühler- und Andreastores blieben aber noch im Besitze der Franzosen. Die letzten Franzosen aber verließen erst am 16. Mai 1814 die Stadt (s. Nr. 78). Erfurt abermals preußisch: Eine der ersten und not- wendigsten Ausgaben der Bürger nach der Uebergabe der Stadt war die Einrichtung von Lazaretten für die erkrankten preußischen Soldaten, die in ihren bisherigen Quartieren nur wenig Pflege gefunden hatten. Aber nicht nur durch Samariterdienste zeigten sich die Erfurter würdig, dem preußischen Staate anzugehören, sondern auch durch die Teilnahme an dem weiteren Kriegszuge gegen Napoleon. Kaum war die erneute Besitznahme der Stadt durch die Preußen erfolgt, als Freiwillige in großer Zahl zu den Fahnen eilten und Landwehr und Landsturm nach preußischem Muster sich bildeten. Am 4. März 1814 wurden die freiwilligen Jäger in der Kaufmannskirche eingesegnet und am 12. März marschierten sie nach Frankreich ab (f. Nr. 79). Sobald der erste Pariser Friede geschlossen war, zogen die Heere der Verbündeten in die Heimat zurück, und die Bürger konnten ihren geliebten König aus der Rückkehr nach seiner Hauptstadt in Erfurts Mauern begrüßen. Auch seinen Geburtstag und den ersten Gedächtnistag der Leipziger Völkerschlacht feierten sie in erhöhter Freude (s. Nr. 80). Noch waren aber die Verhandlungen des Wiener Kongresses (1814—15) nicht zu Ende, als der Krieg mit Napoleon von neuem ausbrach und abermals Opfer zur Rettung des Vaterlandes verlangte. Diesmal war die Teilnahme am Kampfe für die Erfurter Landwehr und die freiwilligen Jäger weit ehrenvoller. Sie kämpften mit in der heißen Schlacht bei Belle-Allianee und gewannen Anteil an dem Ruhme jenes Tages. Bald darauf endete der zweite Pariser Friede den Feldzug mit Frankreich. Durch den Wiener Kongreß, der mit der Unterzeichnung der Bundesakte am 8. Juni 1815 zu Ende ging, erhielt Preußen die größere Hälfte des Königreiches Sachsen (Merseburg, Gefell, den Thüringer Kreis und Henneberg). Es bildete daraus mit den schon früher preußisch gewesenen oder gewordenen Gebieten im Nieder- und O bersächsischen Kreis (Magdeburg, Grafschaft Hohenstein, Mühlhausen, Eichsfeld, Stadt und Gebiet Erfurt) die Pro-

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 194

1911 - Erfurt : Keyser
— 194 — seurs, die den Kaiser mit lautem „Vive Vempereur“ begrüßten. Es war eben 12 Uhr mittags. Bald darauf ritt Napoleon, begleitet von seinen Marschällen, einigen Generalen und seinem Leib-memelucken (Leibwächter) nach dem Gouvernement zurück. Napoleon empfängt den Kaiser Alexander: Eine Stunde später fuhr er in einem achtspännigen, prächtigen Staatswagen, dem noch verschiedene andere folgten, zum Krämpfertore hinaus, wo sich die Truppen auf den hinter dem Schwemmbache^) liegenden Stoppel- und Brachfeldern übten. Es galt, den ankommenden Kaiser Alexander von Rußland würdig zu empfangen. Napoleon, der aus seinem Wagen gestiegen war, ging, während sich die Truppen ordneten, auf und nieder. Plötzlich aber schwang er sich aufs Pferd, galoppierte die bei Linderbach liegende Anhöhe hinauf und verschwand. — Jetzt fiel ein Kanonenschuß — „die Kaiser kommen!" erklang's durch die Reihen der Truppen und der zahlreichen Volksmenge, die das Feld bedeckten. Mehrere Kanonenschüsse, die oben auf der Anhöhe donnerten, verkündigten die Annäherung der beiden Kaiser. — Die Feldmusik rauschte über das weite Brachfeld, die Trompeten der Kürassiere und Husaren schmetterten, und in der Ferne sah man den Zug der beiden Kaiser die Anhöhe herabkommen. Sogleich eilte der größte Teil der auf dem Felde Anwesenden nach der Stadt zurück, und es dauerte kaum einige Minuten, so kam der Zug unter dem unaufhörlichen Donner der Kanonen beider Festungen, dem Geläut aller Glocken und dem Jubelgeschrei der Truppen und der Volksmenge zum Krämpsertor herein. Die beiden Kaiser ritten nebeneinander, Alexander zur Linken Napoleons. Auf dem Anger, in der Nähe des Triebelschen Hauses, der heutigen Kommandantur, das dem Kaiser Alexander während der Zeit des Kongresses zur Wohnung bestimmt war, herrschte ein unbeschreibliches Gedränge, zumal sich hier die zurückgekehrte Kaisergarde und sämtliche andere Truppen in Parade ausgestellt hatten. Die Kaiser stiegen vom Pferde und traten Hand in Hand ins Haus, vor welchem zwei riesige Schilderhäuser für die Kavalleriewachten aufgestellt waren. In dem glänzenden Gefolge des Zaren befanden sich sein Bruder, der Großfürst Konstantin, der Herzog von Weimar mit dem Erbprinzen und zahlreiche Generale. Die festlich erleuchtete Stadt: Als der Abend dieses er- eignisreichen Tages hereinbrach, hüllte sich die Stadt in ein glänzendes Lichtmeer. Man wetteiferte mit der Anbringung von Dekorationen und Transparenten (Leuchtbildern). Am meisten tat sich hervor die Freimaurerloge, die ihr ansehnliches Gebäude auf dem Roßmarkte (Herrmannsplatz) mit drei überlebensgroßen Trans- !) Damals mündete der Schwemmbach, der um die Ostseite der Stadt führte, nördlich vom Johannestor in die Gera.

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 199

1911 - Erfurt : Keyser
— 199 — Fenster des Geleitshauses bis auf eins, das heule noch vermauert ist, wieder geöffnet wurden. Verlauf eines Tages: Am Tage sah man niemand arbei- ten, nur die Sekretäre der Minister waren anscheinend mit Abschreiben beschäftigt. Die Tagesstunden schienen ausschließlich dem Vergnügen gewidmet zu fein. Gegen 9 Uhr vormittags fuhren die Herrschaften zur Audienz beim Lever (Morgenauswartung) der beiden Kaiser, und der Rest des Vormittags verstrich unter wechselseitigen Besuchen. Bei der Tafel kamen die Monarchen öfter mit Napoleon zusammen, bei welchem in der Regel nur der Kaiser Alexander speiste. Nach 7 Uhr abends begaben sich die beiden Majestäten und die meisten der anwesenden Großen ins Theater. — Nach Schluß desselben begleitete Napoleon den russischen Kaiser zur Wohnung, wo dann bei verschlossenen Türen oft bis *2 oder 3 Uhr nachts Verhandlungen gepflogen wurden. Häufig kamen auch die Kaiser zur Nachtzeit auf dem Gouvernement zusammen, und die wichtigsten Besprechungen wurden tun diese Zeit gehalten, so daß die Sekretäre der Minister selten vor 5 Uhr morgens zu Bett kamen. Napoleon und die Fürsten: So spielte sich der geschäft- liche Teil des Kongresses tief in der Nacht ab. Während der Erfurter Bürger längst in den Federn lag, wurde in den Mauern feiner Stadt über die Geschicke Europas bereiten und von den mächtigsten Herrschern ein Bündnis geschlossen, ohne daß auch nur das Geringste davon in die Oeffentlichkeit drang. Nur so viel war auch dem Nichteingeweihten klar, daß die einzigen handelnden Personen die beiden Kaiser waren. Die erst auf ihren eigenen Wunsch hinzugezogenen deutschen Fürsten bildeten den glänzenden Hintergrund, von dem die Figur Napoleons sich um so wirkungsvoller abhob. Nur ein deutscher Fürst stand Napoleon näher und wurde von ihm bei jeder sich darbietenden Gelegenheit ausgezeichnet: der König von Sachsen. Den übrigen deutschen Fürsten trat Napoleon mehr oder weniger kühl-höflich und zurückhaltend gegenüber. Für sie war der Besuch des Kongresses, dem sie, ohne den Gewaltigen zu erzürnen, nicht sern bleiben konnten, keine Annehmlichkeit. Hierfür sei ein Beispiel aufgeführt. Napoleon hatte Befehl erteilt, daß die Hauptwache nur bei feinem und des ruffifchen Kaisers Erscheinen ins Gewehr treten solle. Eines Tages kommt ein König mit seinem Gefolge auf die Hauptwache zu, der Wachtposten, sei es, daß er feine Anweisung nicht genau kannte oder daß er unsicher geworden war, ruft die Wache heraus. Die Soldaten eilen an die Gewehre. Doch der französische Wachtoffizier erkennt mit einem Blick den Irrtum und brüllt den Wachtposten an: „Taisez-vous, ce n’est qu’un roi!“ Die Soldaten fetzen die Gewehre wieder hin und verschwinden im Wachtgebäude; die bereits

8. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 104

1902 - Karlsruhe : Lang
- 104 — ihnen bei Zorndorf (25. August 1758) eine schwere Niederlage bei. Während Friedrich gegen die Russen zog, eroberten die Österreicher wieder einen großen Teil von Schlesien. Als Friedrich durch Sachsen nach Schlesien ziehen wollte, stellte sich ihm der General Daun zwischen Bautzen und Görlitz entgegen. In der Nacht des 14. Oktober 1758 wurde das preußische Lager bei Hochkirch von Daun überfallen. Die Preußen erlitten große Verluste; Friedrich selbst kam in Lebensgefahr. Doch sammelte er seine Truppen bald wieder und hielt das Vordringen der Österreicher in Schlesien auf. Das Jahr 1759 war für Friedrich ein Unglücksjahr. Er erlitt bei Kunersdorf durch die unter dem österreichischen General Laudon vereinigten Österreicher und Russen eilte surchtbare Niederlage. Sein ganzes Heer wurde zersprengt; seine Geschütze gingen verloren. In allem Unglück verlor Friedrich den Mut nicht; sein unermüdlicher Geist fand immer wieder neue Hilfsmittel, und im folgenden Jahre behauptete er Schlesien gegen die Österreicher und Russen. Allein Sachsen ging verloren, das seit 1756 von Friedrich besetzt war und Geld und Rekruten für den Krieg liefern mußte. Österreicher und Russen nahmen Berlin ein. Friedrich eilte aus Schlesien herbei und lieferte am 3. November 1760 den Österreichern bei Torgau die letzte große Schlacht des siebenjährigen Krieges. Daß er den Sieg errang, verdankte er seinem braven Husarengeneral Ziethen.*) In den letzten Jahren des Krieges kam Friedrich noch mehr als einmal in Gefahr, alles zu verlieren. Allein sein ungebeugter Mut, sein großes Feldherrntalent, seine Umsicht und Schnelligkeit trugen zuletzt doch den Sieg davon. Durch deu Frieden, am 15. Februar 1763 zu Hubertsburg, einem Jagdschlösse bei Leipzig, geschlossen, wurde ihm der Besitz von Schlesien abermals bestätigt. So wurde durch diesen Friedensschluß von Preußen anscheinend nichts gewonnen. Denn es wurde ja nur der Zustand vor dem Kriege wiederhergestellt. Und doch beruht auf dem Hubertsburger Frieden die spätere Machtstellung Preußens. Mehr denn die Hälfte der europäischen Staaten war nicht imstande gewesen, Friedrich Ii. niederzuwerfen. Das Talent und die Ausdauer des Königs, der Opfermut, die Vaterlandsliebe, die Hingebung der Bewohner errangen den Sieg in dem furchtbaren Kampfe. Aus ihm ging Preußen als europäische Großmacht hervor; aus dieser Großmacht beruht die heutige Bedeutung und Größe Deutschlands. Die Friedensjahre verwendete Friedrich der Große darauf, die Zustände seines Reiches mehr und mehr zu verbessern. Er sorgte für eine pünktliche Gerechtigkeitspflege durch Herausgabe eines Gesetzbuches. Im Eingang des Buches schärfte er deu *) Vergl. im Anhang das Gedicht: Ziethen.

9. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 110

1902 - Karlsruhe : Lang
— 110 — althergebrachten Vorrechte erbittert; die Bauern waren mit den bewilligten Erleichterungen nicht zufrieden und forderten mehr, als der Kaiser gewähren konnte. In den österreichischen Niederlanden,*) deren ständische Verfassung der Kaiser aufgehoben hatte, brach ein Aufstand aus (1790). Auch in Ungarn drohte ein Ausstand, und der Kaiser mußte alle seine Verordnungen für Ungarn widerrufen. Als er tiernahm, daß auch die Bauern, denen er so viel Gutes getan hatte, sich empören wollten, ries er aus: „Ich sterbe! ich müßte tiort Holz sein, wenn ich nicht stürbe!" Drei Wochen daraus starb der edle Kaiser (am 20. Februar 1790). Mit Recht hat man aus sein Denkmal in Wien die Inschrift gesetzt: „Joseph dem Zweiten, welcher für das gemeine Wohl nicht lange, aber ganz gelebt hat." Xxii. Der Hlnlergang des Heiligen römischen Reiches deutscher Äatiön. 1. Der Fürstenbnnd. Unter der Regierung Kaiser Josephs Ii. wurde der Zusammenhang des deutschen Reiches immer mehr gelockert. Joseph war bestrebt, zur Verstärkung seiner Hausmacht Bayern zu erwerben. Der Kurfürst Karl Theodor war bereit, gegen die Summe von 6 Millionen Mark einen großen Teil von Bayern abzutreten; dessen Erbe aber, der Herzog Karl von Pfalz-Zweibrücken, erhob auf Antreiben Friedrichs des Großen Einsprache dagegen. Joseph kehrte sich nicht daran; allein Friedrich, der jede Verstärkung Österreichs für eine Schwächung Preußens ansah, beschloß, den Absichten des Kaisers mit Waffengewalt entgegenzutreten, und sicherte sich die Unterstützung der Kaiserin Katharina von Rußland. So kam es im Spätjahr 1778 zum bayerischen Erbfolgekrieg, der nur wenige Monate dauerte. Es wurde keine Schlacht geschlagen, und die Soldaten hatten nichts zu tun, als Nahrungsmittel für sich und Futter für die Pferde aufzutreiben. Darum nannte man den Krieg spottweise den Kartoffelkrieg. Der Friede von Teschen machte ihm ein Ende 1779. Sechs Jahre darauf versuchte Kaiser Joseph abermals, feine Absichten auf Bayern durchzusetzen. Er machte mit dem Kurfürsten Kart Theodor einen Tauschvertrag; der Kurfürst sollte ganz Bayern an den Kaiser abtreten und dafür die österreichischen Niederlande ^— ungefähr das heutige Belgien — mit dem Titel eines Königs von Burgund erhalten. Nun schloß Friedrich Ii. mit den Kurfürsten von Sachsen und Hannover 'den Fürstenbund, dem fast alle geistlichen und weltlichen Fürsten des Reiches beitraten. Die Mitglieder des Fürstenbundes verpflichteten sich, dafür ein- *) Belgien.

10. Bergers Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 129

1902 - Karlsruhe : Lang
129 — 5. Das Jahr 1815. Im Spätherbste 1814 kamen Fürsten, Staatsmänner und Feldherren aus allen europäischen Staaten in Wien zusammen. Der Wiener Kongreß — so nannte man die Versammlung — sollte eine neue Ordnung der europäischen Staaten ausrichten. Seine Beratungen wurden im März 1815 unterbrochen durch die Nachricht, der Kaiser Napoleon habe die Insel Elba verlassen und sich der obersten Gewalt in Frankreich wieder bemächtigt. Sofort sammelte sich ein englisches Heer unter Wellington in der Nähe oon Brüssel, und der „weiße Jüngling", Feldmarschall Blücher (er war geboren 1742, stand also im 73. Jahre), eilte mit 150000 Mann Preußen auf den Kampfplatz. Am 16. Juni erfocht Napoleon feinen letzten Sieg bei Ligny; die Preußen, trotz Blüchers dringender Bitte von den Engländern schnöde im Stich gelassen, erlitten eine schwere Niederlage. Dem Feldmarschall wurde das Pferd erschossen; bewußtlos blieb er unter ihm liegen. Die französische Reiterei jagte an ihm vorüber, glücklicherweise ohne ihn zu bemerken. Übel zugerichtet wurde er von den Seinen aufgefunden. Napoleon glaubte, das preußische Heer fei vernichtet, und wandte sich gegen Wellington, der nun an Blücher die Bitte um Unterstützung lichtete. Und der deutsche Feldherr sagte großherzig die Hilfe auf den 18. Juni zu. Obgleich er sich kaum im Sattel halten konnte, trieb er seine Wehrmänner zur höchsten Eile an. Die Wege waren vom anhaltenden Regen fast ungangbar geworden; Blücher hielt Wort und traf am Abende des 18. Juni bei Waterloo ein, wo Wellington den ganzen Tag den Ansturm der Franzosen ausgehalten hatte, aber bereits am Siege verzweifelte. Die Ankunft der Preußen entschied die Schlacht; Napoleon mit seinem ganzen Heere verließ in eiliger Flucht das Kampffeld.*) Am 29. Juni wurde Paris von Blücher und Wellington eingenommen; am 17. Juli geriet Napoleon in die Gefangenschaft der Engländer und wurde nach St. Helena gebracht. Der zweite Pariser Friede legte den Franzosen die Zahlung von 700 Millionen Franken Kriegskosten und die Rückgabe der seit 20 Jahren aus ganz Europa zusammengeraubten Gemälde, Bildsäulen und anderer Kunstgegenstände auf. Überdies mußten sie 150 000 Mann verbündeter Truppen, die drei Jahre in Frankreich stehen blieben, unterhalten. 6. Der Wiener Kongreß. Am 10. Juni 1815 schloß der Wiener Kongreß feine Arbeit. Die feit 1792 von Frankreich eroberten Länder wurden teils *) Vergl. im Anhang die Gedichte: Belle-Alliance, wie die Schlacht auch genannt wird, und: Ein Wort vom alten Blücher. B erger-Slehle, Erzählungen aus der Weltgeschichte. q
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